Gegen Gewalt an älteren Menschen – Ute Schmitz

Gewalt gegen ältere Menschen

Zum ersten Mal wurde ich mit dem Thema bei einem Vortrag in Wien bei den Wiener SeniorInnen von Birgit Meinhard-Schiebel auf unserem ENGS (European Network of Green Seniors)-Treffen im Oktober 2007 konfrontiert.

Ich fragte mich damals nach dem Vortrag: Wer ist Opfer und wer ist Täter? So ganz eindeutig ist das manchmal nicht, denn es gibt Gewalt von Seiten der zu Pflegenden wie auch auf der Seite des Pflegepersonals, das mit bestimmten Situationen nicht umgehen kann.
Mir war schon klar, dass Gewalt in Verbindung mit älteren Menschen europaweit anzutreffen ist und dass es in diesem Bereich eine enorme Dunkelziffer gibt.

In Deutschland wurde das Thema bisher noch nicht öffentlich diskutiert. Jetzt fordern die Alzheimer-Gesellschaften, dass Gewalt in der Pflege älterer und meist demenzkranker Menschen kein Tabu-Thema mehr sein darf.
Alleine in NRW sind 400 000 Menschen von Demenz betroffen. Mit der Zunahme von immer mehr und immer älter werdenden Menschen wird es in Zukunft auch mehr verwirrte Menschen geben, die keine Kontrolle mehr über ihre Gefühlswelt haben, was zu impulsiven Handlungen führen kann.
Man schätzt, dass 20% der Heimbewohner Gewalt durch das Pflegepersonal erleben. Da in der häuslichen Pflege soziale Kontrolle fehlt, schätzt man, dass der Anteil an Gewalt dort noch höher ist. Die Gewalt kann sich in Form von Entzug von Vergünstigungen, Beschimpfungen oder Drohungen ausdrücken, seltener geworden sind Schläge.
Man weiß, dass Demenzkranke auch aggressiv werden können, wenn sie Situationen falsch einschätzen oder eventuell Angst bekommen.
Genau hier muss angesetzt werden, dass das Pflegepersonal mit diesen Situationen umgehen lernt.
Es steht häufig wegen Unterbesetzung unter Zeitdruck, ist emotional überfordert oder es kommt zu Missverständnissen zwischen den beiden Beteiligten, was zu aggressiven Handlungen auf beiden Seiten führen kann. Es ist keine Frage, wer hilfloser ist.
Deshalb wünschen sich die Alzheimer-Gesellschaften, dass Pflegende Sensibilität gegenüber Gewalt entwickeln und Deeskalationstechniken erlernen, die helfen, Situationsmuster zu erkennen, um in kritischen Situationen frühzeitig so zu handeln, dass sie nicht eskalieren. Solche Momente erfordern viel Geduld und professionelle Selbstbeherrschung. Profitieren können davon beide Seiten.
Es darf nicht sein, dass es bei Pflegenden an Qualifikation und Fortbildung in diesem Bereich mangelt.
Hier ist zu empfehlen, dass überforderte pflegende Angehörige, die emotional durch die Demenz ihrer Angehörigen stark belastet sind und Situationen manchmal nicht richtig einschätzen können, Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten erhalten.
http://www.pflegewiki.de/wiki/Validation
Ute Schmitz, Generalsecretary ENGS
Mülheim an der Ruhr

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