Szenarien neuer Rentenkürzungen in Griechenland
- August 2012 / Aufrufe: 1.689
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In dem verzweifelten Versuch, den Gläubigern ein befriedigendes Sparpaket vorzulegen, will Griechenland rund 5 Milliarden Euro bei Renten und Sozialleistungen einsparen.
Ein “Signal” für die ab 01. Januar 2013 erfolgenden neuen Kürzungen bei den Renten setzte mit seinen Erklärungen am 08 August 2012 der Minister für Arbeit, Sozialversicherung und Wohlfahrt, Giannis Vroutsis, mit der Senkung der Löhne und dem Unvermögen der Kassen als gegeben, aus ihren reduzierten Einnahmen die Zahlung der Leistungen weiterhin auf dem selben Niveau zu decken.
“Es kann nicht angehen, dass ein Berufsanfänger mit 586 Euro entlohnt wird und der Rentner eine Rente von 1.400 Euro erhält“, erklärte der Minister und bereitete den Boden für die Kürzungen vor, welche erfolgen werden. (Anmerkung: Die Zuflucht zu einer dermaßen schäbigen Polemik belegt, dass der kaum 2 Monate alten Koalitionsregierung das Wasser bereits bis zur Nase steht und die Lakaien der Troika keinerlei Skrupel zeigen werden, zur Durchsetzung des Diktats der Gläubiger die gesellschaftlichen Schichten wie auch schon in der Vergangenheit ein weiteres Mal gegeneinander aufzuhetzen.)
Diese Kürzungen (mittels der Erhebung einer gestaffelten Abgabe analog zur Höhe der Rente und ab dem ersten Euro für Renten ab 700 Euro und mehr) sind “festgemacht” worden und in der Liste der Kürzungen zur Einsparung von insgesamt 5 Mrd. Euro in den beiden Jahren 2013 – 2014 enthalten: Bis zu 2 Mrd. Euro aus den Leistungen der Kassen und 3 Mrd. Euro aus den sozialen und Wohlfahrtsleistungen, bei denen Einkommens- und Vermögenskriterien gesetzt werden (unter Einbeziehung bei letzteren auch der Eigennutzung von Wohnungen).
Szenarien
Die Liste, die Giannis Vroutsis bis zu Beginn der kommenden Woche den Vorsitzenden der drei Parteien übergeben wird, welche die Regierung stützen, wird – wie von ihm selbst betont – insgesamt 10 – 15 Maßnahmen umfassen, nebst hinsichtlich der Einsparung von Ausgaben quantifizierten alternativen Szenarien.
Alle Maßnahmen werden auf den Tisch kommen und “die Parteiführer werden die endgültigen Entscheidungen treffen“, stellte der Minister klar. Giannis Vroutsis bestätigte, dass eine der diskutierten Maßnahmen auch die schrittweise Erhöhung der Mindestversicherungszeit zur Begründung eines Anspruchs auf die Mindestrente von derzeit 15 Jahren (4.500 Tagen) auf 20 Jahre (6.000 Tage) ist. Die konkrete Maßnahme ist das alternative Szenarium, welches anstatt der Erhöhung des allgemeinen Renteneintrittsalters um 1 Jahr und insgesamt bis zu 2 Jahren (also von 65 auf 67) vorgeschlagen worden ist, das – auch wenn es als Szenarium auf dem Tisch verbleibt – aufgegeben zu werden scheint, da es viele Nebenwirkungen hat und andere Entscheidungen annullieren kann: Es wird das Programm zur Reduzierung der Anzahl der Beschäftigten auf dem öffentlichen Sektor “sprengen” und die Gefahr der Arbeitslosigkeit sowohl der jungen als auch älteren Leute steigern, ohne dass sicher ist, dass es den Kassen die veranschlagten 550 Mio. Euro im Jahr einbringen wird.
Erhöhung des Renteneintrittsalters
Die Erhöhung der allgemeinen Altersgrenze auf Basis des neuen Versicherungsgesetzes, welches von der Troika genehmigt wurde und bereits umgesetzt wird, ist für 2021 vorgesehen, nach Vollendung der Erhöhungen bei den dazwischen gelegenen Altersgrenzen im Jahr 2015 und Beginn der Zahlung niedrigerer Altersrenten: Basisrente von 360 Euro + anteilmäßige Rente mit niedrigeren Ergänzungssätzen und schrittweise Berechnung der Rentenbeträge auf Basis der Beiträge des gesamten Arbeitslebens.
Die Maßnahmen für das Sparpaket über 5 Mrd. Euro
Gestaffelte Kürzungen ab dem ersten Euro bei den Renten ab 700 Euro und mehr. Das vorherrschende Szenarium sieht die Einbehaltung einer Abgabe von 2% für Renten bis zu 1.000 Euro, 3% für Renten von 1.000 – 1.300 Euro, 5% für Renten von 1.300 . 1.600 Euro, 10% für die Rente von 1.600 – 2.000 Euro und 15% ab 2.000 Euro und mehr vor. Die Abgaben werden auf den Gesamtbetrag der Rente erhoben und zum ersten Mal auch jene zur Zahlung herangezogen werden, die bisher nicht betroffen waren (Rentner mit Renten von 700 – 1.000 Euro). Beispielsweise wird ein Rentner mit einer Rente von 800 Euro 16 Euro zu zahlen haben und ein Rentner mit einer anfänglichen Rente von 2.500 Euro, der heute nach den Abzügen 1.840,67 Euro erhält, wird 184 Euro verlieren und 1.656,60 Euro erhalten.
“Beschneidung” bei den doppelten und dreifachen Hauptrenten (das Basisszenarium sieht eine Kürzung der höchsten Rente um 35% vor) und Datenabgleiche zur Einhaltung der Obergrenzen, welche vor der Fassung des Beschlusses zur Kürzung der einschlägigen Grenzen gelten (derzeit sind dies 2.774 Euro bei den meisten Kassen, 2.350 Euro bei der IKA und 3.360 Euro für die doppelten Renten und über 4.000 Euro beim öffentlichen Sektor).
Kürzung der Grundrente des OGA um 30 Euro (von derzeit 360 Euro auf 330 Euro).
Streichung der Feiertagszulagen und des Urlaubsgeldes bei den Zusatzrenten.
Erhöhung entweder der Versicherungsjahre zum Erhalt der Mindestrente oder des allgemeinen Renteneintrittsalters auf über 65 Jahre (die war erörtert worden, jedoch war die Erhöhung bei den niedrigeren Renteneintrittsaltern um 1 Jahr verworfen worden, da sich diese mit dem Gesetz Loverdos – Koutroumanis so wie so bereits automatisch erhöhen).
Rückwirkende Kürzungen von 22% – 45% der von den Vorsorgekassen gezahlten Abfindungen, so dass die Abfindungen den von den Versicherten entrichteten Beiträgen entsprechen (das Szenarium für die Vorsorgekasse öffentlicher Beamten sieht eine neue Kürzung um 22,67% ab dem 01/09/2010 vor).
Kopplung der Zahlung der Sozial- und Wohlfahrtsleistungen (einschließlich der Familienleistung für Kinderreiche) an Einkommens- und Vermögenskriterien.Der Plan B für Renten und Familienleistungen
Für den Fall, dass die vorstehend umrissene Rechnung nicht “aufgeht” (also die Einsparungsziele nicht erreicht werden können), arbeitet das Ministerium für Arbeit und Sozialversicherung auch an einem zweiten Plan mit höheren Abgaben bei den Hauptrenten – ab 700 Euro und ab dem ersten Euro – als alternatives Szenarium zur Kürzung der Ausgaben. Gleichzeitig wird die drastische Einschränkung der Empfänger von Familienleistungen für Kinderreiche mittels der Verhängung einer besonders niedrigen Einkommensgrenze (10.000 Euro) für die Zahlung des vollen Betrags “fest” gemacht.
Noch höhere Kürzungen auch der niedrigen Renten
Der bereits parallel zu dem anfänglichen (und wahrscheinlicheren) bei der nationalen Behörde für Versicherungsmathematik in Vorbereitung befindliche Plan B sieht die Erhebung noch höherer gestaffelter Abgabe auf die Renten vor:
5% (anstatt 2%) auf Renten von 700 – 1.000 Euro
8% (anstatt 3%) auf Renten von 1.000,01 – 1.300 Euro
10% (anstatt 5%) auf Renten von 1.300,01 – 1.600 Euro
12% (anstatt 10%) auf Renten von 1.600,01 – 2.000 Euro
15% auf Renten ab 2.000 Euro
Die neue Staffelung der Abgaben (die ab dem 01/01/2013 auf die Rentenbeträge erhoben werden, welche nach Abzug der Abgaben vom Typ LAFKA verbleiben und erstmalig auch all jene belasten werden, die bisher keinerlei Kürzung erfuhren), belastet mehr die Renten von 700 – 2.000 Euro, in welches Segment die Mehrzahl der Rentner fällt, und steigert somit die Kosteneinsparung für die Kassen.
Beispielsweise würde ein Rentner mit einer Rente von 1.050 Euro auf Basis des anfänglichen Plans monatlich 31,50 Euro, mit der neuen Staffelung dagegen 84 Euro verlieren. Für die Rente von 1.400 Euro wird sich die Belastung verdoppeln, da mit der ersten Staffelung der Verlust 70 Euro und mit der zweiten 140 Euro beträgt.
Kürzung der Familienleistungen für Kinderreiche
Den vollen Betrag der Familienleistungen für Kinderreiche (44 Euro pro Monat für jedes Kind und 117 Euro für das dritte Kind bis zum Alter von sechs Jahren) und der lebenslangen Beihilfe für kinderreiche Mütter (102 Euro pro Monat für Frauen mit vier oder mehr Kindern, unabhängig vom Alter der Berechtigten) sollen gemäß dem Plan im Rahmen der Kürzung nur jene Berechtigten mit einem Netto-Familieneinkommen von bis zu 10.000 Euro erhalten.
Das vorgestern (09 August 2012) im Ministerium für Arbeit, Sozialversicherung und Wohlfahrt diskutierte Basisszenarium sieht die Zahlung von 2/3 der Beihilfe für Berechtigte mit einem Einkommen von 10.000,01 – 20.000 Euro und von 1/3 der Leistung bei Einkommen ab 20.000,01 Euro und mehr. (Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass eine ähnliche Regelung von dem Obersten Gerichtshof bereits in der Vergangenheit für verfassungswidrig befunden wurde, was jedoch die Regierung in der derzeitigen Phase zu allerletzt zu beschäftigen scheint.)
Laut Informationen sollen jedenfalls die quantifizierten alternativen Kürzungsmaßnahmen erst nach dem 15 August 2012 festgelegt und den Vorsitzenden der Parteien, welche die Regierung stützen, als “Paket” überreicht werden.